Wegweisende RODGERS Installation in Österreicher Universität
Wenn in dem als 'orgelkonservativ' bekannten Österreich ausgerechnet in einer Musik-Universität eine große Digital-Konzertorgel installiert wird, darf dies mit Fug und Recht als sensationell bezeichnet werden. So geschehen in der ehrwürdigen Universität für Musik und bildende Kunst in Graz (Steiermark). Von diesem Bahn brechenden Ereignis berichtet der nachfolgende Artikel.
Die Ursprünge dieses bemerkenswerten Projektes reichen zurück bis ins Jahr 2009 – hier begann Prof. Gunther Rost, heute Vorstand des Instituts für Orgel und Kirchenmusik an der Kunst-Uni Graz, mit seinen Recherchen nach einem Instrument, dass seinen Ideen und Vorstellungen über eine klanglich hochwertige, flexible und insbesondere auch mobile Digitalorgel möglichst weitgehend entsprechen kann. Seine Vision: Eine große Konzertorgel, die neben den bereits in der Grazer Universität verfügbaren Pfeifenorgeln klanglich bestehen, darüber hinaus aber mit einer umfangreichen Spezifikation und Disposition neue Möglichkeiten bei der Interpretation und Aufführung von Orgelliteratur aus allen musikalischen Gattungen eröffnen soll. Dabei sollte nach Prof. Rosts Vorstellung sich eine so konzipierte Digitalorgel nicht etwa auf die Imitation oder das bloße Kopieren von vorhandenen Pfeifenorgeln beschränken, sondern die Vorteile und Möglichkeiten der heute verfügbaren digitalen Technologien möglichst umfassend und souverän ausspielen. Und schließlich muss diese neue Orgel auch außerhalb des universitären Lehrbetriebes einsetzbar sein – also mobil ausgelegt werden.
Schon in einem frühen Stadium der Recherchen und Marktanalysen entwickelte und konzentrierte sich über dem österreichischen Rodgers Vertriebspartner Vox Coelestis sowie den Rodgers Produktspezialisten Dieter Schuster (Roland Deutschland) der Kontakt zu Rodgers Orgeln. Nach zahlreichen Detailgesprächen und ungezählter Mailkorrespondenz reiste Prof. Rost gleich zweimal in die USA, um an verschiedenen Orten Rodgers Orgeln verschiedener Größe und Spezifikation zu prüfen und zu spielen. Den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten einer dreimanualigen Rodgers Masterpiece Signature Orgel gab die souveräne Klangqualität sowie die enorme Flexibilität bei der Auswahl der Disposition, der Spieltischspezifikation und –Gestaltung.
Im Januar 2011 wurde der Kaufvertrag über eine wahrhaft einzigartige digitale Konzertorgel geschlossen, und dann ging es dies- und jenseits des Atlantiks an die Arbeit, denn die Anforderungen an dieses Projekt waren enorm. Die ausgewählte Disposition und Spezifikation des Spieltischs erforderte in der Entwicklungsabteilung des Herstellerwerks eine Erweiterung der Spielhilfen und Bedienungsfunktionen – also legten die Ingenieure Hand an die Betriebssystem-Software, um diese zusätzlichen Funktionen zu implementieren.
In Deutschland wurden währenddessen die Vorbereitungen für einen umfangreichen und in dieser Form wohl erstmals realisierten Umbau des Spieltischs getroffen: Wunschgemäß sollte der Spieltisch nicht nur im Hinblick auf die Aufgabe der Orgel als mobiles Instrument geteilt werden, das Spieltischoberteil sollte darüber hinaus auch sowohl in der Höhe als auch in der horizontalen Position stufenlos verstellbar sein, um allen Studenten und OrganistInnen des Instituts jeglicher Körpergröße eine ergonomisch optimale Spielposition zu bieten. Für die 22-kanalige Klangabstrahlung sah das Pflichtenheft einen flexiblen und möglichst einfachen Aufbau vor, unabhängig von den räumlichen Bedingungen des jeweiligen Aufstellungsortes – also wurden für die 16 3-Wege Full-Range Boxen vier mobile Lautsprechersäulen konstruiert, die sich bis zu einer Gesamthöhe von 5,20 Metern stufenlos ausfahren lassen und an denen jeweils 4 Lautsprecher in Position und Neigung flexibel aufgehängt werden können. Und schließlich mussten auch insgesamt 30 fahrbare Flightcases gebaut werden, um die gesamte Orgelanlage sicher verpacken und schonend zu transportieren zu können.
So entstand in enger Kooperation zwischen Rodgers, Roland Deutschland und der Universität Graz eine mobile digitale Konzertorgel, die man mit Fug und Recht als weltweit einmalig bezeichnen kann. Die mächtige Disposition der dreimanualigen Rodgers MS-376 umfasst in dieser individuellen, erweiterten Spezifikation nicht weniger als 92 Haupt- und 178 Alternativregister – also insgesamt 270 klingende Register, aus denen sich nahezu beliebige Dispositionen aus allen Orgelbautraditionen und –Stilen aufbauen und speichern lassen. Die traditionell mächtige und höchst flexible Setzeranlage in Masterpiece Instrumenten ermöglicht es, jeden einzelnen Speicherplatz mit jeder beliebigen Kombination aus Haupt- und Alternativregistern zu belegen und ohne jegliche Zeitverzögerung (z.B. durch Laden einer bestimmten Registerspezifikation) aufzurufen. So können beispielsweise, einfach durch Aufruf unterschiedlich belegter Setzer, barocke, französisch-romantische oder symphonische Registerkombinationen angewählt werden.
Eine weitere projektspezifische Besonderheit ist, dass alle fünf Manualwerke (drei Manuale und je ein floatendes Solo- und Chamadewerk) sowohl über werksinterne Sub- und Super-Oktavkoppeln verfügen als auch in jeder Kombination miteinander gekoppelt werden können, dies wiederum mit Normal- und Oktavkoppeln. So gibt es z.B. ‚ungewöhnliche‘ Koppeln wie Grand Orgue (Hauptwerk) an Récit (Schwellwerk), Positif an Schwellwerk, ja sogar das Pedal verfügt über Koppeln an Hauptwerk und Positiv (nicht zu verwechseln mit der bei Digitalorgeln häufiger anzutreffenden Basskoppel).
Zugunsten zusätzlicher Hauptregister (92 statt der serienmäßigen 76) wurden die Tremulanten und werksinternen Koppeln, die in der Serienversion der Rodgers MS-376 den einzelnen Werken als Registerzüge zugeordnet sind, auf Daumen- bzw. Fußpistons verlegt, auch das Chamadewerk sowie die tiefen Pedalregister einschließlich einer ‚abgrundtiefen‘ Gravissima 64‘( !) fanden ihren Platz auf Daumen- und Fußpistons.
Zwei MIDI Koppeln pro Manual und das Pedal ermöglichen nicht nur eine äußerst flexible Ansteuerung externer Klangerzeuger, alle MIDI-spezifischen Einstellungen wie z.B. die Anwahl bestimmter externer Klänge und Sounds erfolgen direkt über das grafische MIDI Menüdisplay der Orgel und können auch zusammen mit den Registern und Einstellungen der Orgel individuell auf jedem Setzerplatz gespeichert werden. Ein Rodgers MX-200 Orgel-/Orchester-Expander mit über 1.150 Klängen und Sounds (u.a. mit weiteren 75 Orgelregistern) ergänzt und erweitert deshalb geradezu folgerichtig die Spezifikation der ‚Grazer Orgel‘.
Neben vielen anderen Ausstattungsmerkmalen verfügt der Spieltisch auch über einen eingebauten MIDI Recorder/Player. Aufgenommene Musikstücke können über den serienmäßigen USB Port auf externe Medien gespeichert und archiviert werden – so wie sich alle Organisten auch ihre eigenen persönlichen Daten und Konfigurationen wie z.B. komplette Setzerdateien, Installations- und Intonationsdaten, kurz gesagt ihre eigene, ‚persönliche‘ Orgel, auf USB Stick ablegen und jederzeit blitzschnell in die Konsole zurück laden können.
Auch die 22-kanalige Audioanlage weist zahlreiche innovative Spezialitäten auf: Vier verschiedene über Pistons direkt wählbare, programmierbare Audiokonfigurationen ermöglichen es, völlig unterschiedliche ‚Klangabstrahlungen‘ aufzurufen. Jede Konfiguration umfasst die Zuordnung von Registern und Werken zu bestimmten Lautsprecherpaaren (alle Registersamples werden Ton für Ton stereophon wiedergegeben!), die Lautstärkeregelung sowie ein Equalizer für jedes Werk, die quadrofonische Raumsimulation u.v.m.
Nicht weniger als vier Subwoofer, zwei davon sind ‚Doppel-18“ Woofer‘, sorgen für die druckvolle aber unaufdringliche und nicht ‚dröhnende‘ Wiedergabe selbst tiefster Frequenzen.
Ende Juli traf schließlich die im Rodgers Werk in Hillsboro/Oregon gebaute Orgel bei Roland Deutschland in Hamburg ein, um von dort aus direkt zu ‚Don’t Panic‘, einem Spezialbetrieb für die Herstellung von Flightscases, für Holz- und Metallverarbeitung sowie projektspezifische Sonderanfertigungen weitergeleitet zu werden. Dort wurde der Spieltisch von Projektleiter Dieter Schuster ‚entkernt‘ und für die Teilung in Ober- und Unterteil vorbereitet, die dann - nicht ganz ohne ein gewisses ‚Nervenflattern‘ bei allen Beteiligten – sorgfältig und geradezu feierlich durchgeführt wurde. Immerhin durfte hierbei absolut nichts ‚schief gehen‘, was den in edlem schwarz satinierten Holzfinish ausgeführten Spieltisch in irgendeiner Form beschädigen könnte. Nach einigen glatten Schnitten war das Werk in professioneller Manier vollendet, sodass die Don’t Panic Spezialisten nun an den Einbau der speziell für dieses Instrument konstruierten Hebe-/Schiebevorrichtung gehen konnten. Hierfür wurden vier hydraulische, miteinander synchronisierte Hubsäulen in das Spieltischunterteil eingebaut, die das Oberteil auf Knopfdruck stabil und sicher anheben. Ein solider, mit einer motorisierten vertikalen Schiebevorrichtung versehener Stahlrahmen dient als Träger für das Oberteil des Spieltischs, der nach dem Aufsetzen an vier Befestigungspunkten verankert wird. Ein mit zwei Schnellverschlüssen am Unterteil befestigter Holz-Paravent (in Spieltischfarbe lackiert) umgibt die Rückseite sowie die beiden Seitenwände des Spieltisch – damit sieht das Gehäuse auch bei hoch- oder vorgefahrenem Oberteil stets ‚massiv‘ aus und es entstehen keine Lücken oder optische Brüche.
Nach diesem Produktionsschritt musste der Spieltisch schließlich komplett neu verkabelt werden, zumal für den kompletten ‚digitale Käfig‘ der Orgel und das raumgreifende zentrale Netzteil (das auch die elektromechanisch bewegten Zugregister und Wippen mit Strom versorgt) nach dem Einbau der Hub-/Schiebemechanik neue Einbaupositionen im Unterteil zu finden waren. Auch im Oberteil waren einige Boards und Komponenten zu versetzen, und am Ende wurden sämtliche Kabelverbindungen zwischen Spieltischober- und Unterteil über neu angebrachte Multipin-Steckverbindungen wieder hergestellt. Parallel dazu wurden die insgesamt 30 Transport- Flightcases und die vier Lautsprechertürme passgenau gebaut.
Nach Abschluss sämtlicher Arbeiten war dann der Zeitpunkt für die erste Inbetriebnahme gekommen – ein wahrlich spannendes Ereignis, war doch beim Umbau aus einer eigentlich ‚fertigen‘ Orgel eine quasi vollständige Neukonstruktion geworden. Umso vernehmlicher war schließlich das Aufatmen aller um die Orgel versammelten Beteiligten, als die Orgel im ersten Versuch ohne Schwierigkeiten und völlig bestimmungsgemäß ‚hochfuhr‘ und Spielbereitschaft signalisierte…
Mit einiger Erleichterung konnte die komplette Anlage schließlich in die bereitstehenden Transportcases verpackt und nach Graz versandt werden. Dort angekommen, wurde die Orgel an ihrem ‚Stammstandort‘ in der Musik- und Kunstuniversität erstmals vollständig aufgebaut und installiert, und nach drei Tagen erklang sie auch zum ersten Mal unter spontanem Beifall der dort versammelten Mannschaft und Zuschauer in ihrer kompletten, endgültigen Audiokonfiguration.
Zur Intonation und für das ‚klangliche Finish‘ aller 270 Register reiste wenige Tage später Dr. Robert Tall, ein renommierter Konzertorganist, langjährig erfahrener Intonateur und profunder Rodgers Kenner eigens aus Los Angeles an und verbrachte zwei Tage mit der klanglichen Vollendung dieses Meisterstücks. Am 29. September 2011 wurde die fertig gestellte Installation schließlich von der Universität geprüft und abgenommen – und damit offiziell übergeben. Zufriedene Gesichter auf allen Seiten belegten dabei deutlich, dass das Werk allerseits als rundum gelungen gelten darf.
Mit diesem außergewöhnlichen Instrument verfügt die Universität in Graz nun nicht nur über eine große digitale Konzertorgel für eigene Ausbildungszwecke – sie kann und wird die Rodgers MS-376 plan- und bestimmungsgemäß in Zukunft auch an den unterschiedlichsten Aufstellungs- und Aufführungsorten einsetzen – überall dort wo ein wahrhaft großes und großartiges Instrument benötigt wird aber nicht vorhanden ist. Es braucht keine prophetische Gabe um voraus sehen zu können, dass von dieser einzigartigen Orgel in Zukunft noch viel ‚zu hören sein wird‘…
Wenn in dem als 'orgelkonservativ' bekannten Österreich ausgerechnet in einer Musik-Universität eine große Digital-Konzertorgel installiert wird, darf dies mit Fug und Recht als sensationell bezeichnet werden. So geschehen in der ehrwürdigen Universität für Musik und bildende Kunst in Graz (Steiermark). Von diesem Bahn brechenden Ereignis berichtet der nachfolgende Artikel.
Die Ursprünge dieses bemerkenswerten Projektes reichen zurück bis ins Jahr 2009 – hier begann Prof. Gunther Rost, heute Vorstand des Instituts für Orgel und Kirchenmusik an der Kunst-Uni Graz, mit seinen Recherchen nach einem Instrument, dass seinen Ideen und Vorstellungen über eine klanglich hochwertige, flexible und insbesondere auch mobile Digitalorgel möglichst weitgehend entsprechen kann. Seine Vision: Eine große Konzertorgel, die neben den bereits in der Grazer Universität verfügbaren Pfeifenorgeln klanglich bestehen, darüber hinaus aber mit einer umfangreichen Spezifikation und Disposition neue Möglichkeiten bei der Interpretation und Aufführung von Orgelliteratur aus allen musikalischen Gattungen eröffnen soll. Dabei sollte nach Prof. Rosts Vorstellung sich eine so konzipierte Digitalorgel nicht etwa auf die Imitation oder das bloße Kopieren von vorhandenen Pfeifenorgeln beschränken, sondern die Vorteile und Möglichkeiten der heute verfügbaren digitalen Technologien möglichst umfassend und souverän ausspielen. Und schließlich muss diese neue Orgel auch außerhalb des universitären Lehrbetriebes einsetzbar sein – also mobil ausgelegt werden.
Schon in einem frühen Stadium der Recherchen und Marktanalysen entwickelte und konzentrierte sich über dem österreichischen Rodgers Vertriebspartner Vox Coelestis sowie den Rodgers Produktspezialisten Dieter Schuster (Roland Deutschland) der Kontakt zu Rodgers Orgeln. Nach zahlreichen Detailgesprächen und ungezählter Mailkorrespondenz reiste Prof. Rost gleich zweimal in die USA, um an verschiedenen Orten Rodgers Orgeln verschiedener Größe und Spezifikation zu prüfen und zu spielen. Den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten einer dreimanualigen Rodgers Masterpiece Signature Orgel gab die souveräne Klangqualität sowie die enorme Flexibilität bei der Auswahl der Disposition, der Spieltischspezifikation und –Gestaltung.
Im Januar 2011 wurde der Kaufvertrag über eine wahrhaft einzigartige digitale Konzertorgel geschlossen, und dann ging es dies- und jenseits des Atlantiks an die Arbeit, denn die Anforderungen an dieses Projekt waren enorm. Die ausgewählte Disposition und Spezifikation des Spieltischs erforderte in der Entwicklungsabteilung des Herstellerwerks eine Erweiterung der Spielhilfen und Bedienungsfunktionen – also legten die Ingenieure Hand an die Betriebssystem-Software, um diese zusätzlichen Funktionen zu implementieren.
In Deutschland wurden währenddessen die Vorbereitungen für einen umfangreichen und in dieser Form wohl erstmals realisierten Umbau des Spieltischs getroffen: Wunschgemäß sollte der Spieltisch nicht nur im Hinblick auf die Aufgabe der Orgel als mobiles Instrument geteilt werden, das Spieltischoberteil sollte darüber hinaus auch sowohl in der Höhe als auch in der horizontalen Position stufenlos verstellbar sein, um allen Studenten und OrganistInnen des Instituts jeglicher Körpergröße eine ergonomisch optimale Spielposition zu bieten. Für die 22-kanalige Klangabstrahlung sah das Pflichtenheft einen flexiblen und möglichst einfachen Aufbau vor, unabhängig von den räumlichen Bedingungen des jeweiligen Aufstellungsortes – also wurden für die 16 3-Wege Full-Range Boxen vier mobile Lautsprechersäulen konstruiert, die sich bis zu einer Gesamthöhe von 5,20 Metern stufenlos ausfahren lassen und an denen jeweils 4 Lautsprecher in Position und Neigung flexibel aufgehängt werden können. Und schließlich mussten auch insgesamt 30 fahrbare Flightcases gebaut werden, um die gesamte Orgelanlage sicher verpacken und schonend zu transportieren zu können.
So entstand in enger Kooperation zwischen Rodgers, Roland Deutschland und der Universität Graz eine mobile digitale Konzertorgel, die man mit Fug und Recht als weltweit einmalig bezeichnen kann. Die mächtige Disposition der dreimanualigen Rodgers MS-376 umfasst in dieser individuellen, erweiterten Spezifikation nicht weniger als 92 Haupt- und 178 Alternativregister – also insgesamt 270 klingende Register, aus denen sich nahezu beliebige Dispositionen aus allen Orgelbautraditionen und –Stilen aufbauen und speichern lassen. Die traditionell mächtige und höchst flexible Setzeranlage in Masterpiece Instrumenten ermöglicht es, jeden einzelnen Speicherplatz mit jeder beliebigen Kombination aus Haupt- und Alternativregistern zu belegen und ohne jegliche Zeitverzögerung (z.B. durch Laden einer bestimmten Registerspezifikation) aufzurufen. So können beispielsweise, einfach durch Aufruf unterschiedlich belegter Setzer, barocke, französisch-romantische oder symphonische Registerkombinationen angewählt werden.
Eine weitere projektspezifische Besonderheit ist, dass alle fünf Manualwerke (drei Manuale und je ein floatendes Solo- und Chamadewerk) sowohl über werksinterne Sub- und Super-Oktavkoppeln verfügen als auch in jeder Kombination miteinander gekoppelt werden können, dies wiederum mit Normal- und Oktavkoppeln. So gibt es z.B. ‚ungewöhnliche‘ Koppeln wie Grand Orgue (Hauptwerk) an Récit (Schwellwerk), Positif an Schwellwerk, ja sogar das Pedal verfügt über Koppeln an Hauptwerk und Positiv (nicht zu verwechseln mit der bei Digitalorgeln häufiger anzutreffenden Basskoppel).
Zugunsten zusätzlicher Hauptregister (92 statt der serienmäßigen 76) wurden die Tremulanten und werksinternen Koppeln, die in der Serienversion der Rodgers MS-376 den einzelnen Werken als Registerzüge zugeordnet sind, auf Daumen- bzw. Fußpistons verlegt, auch das Chamadewerk sowie die tiefen Pedalregister einschließlich einer ‚abgrundtiefen‘ Gravissima 64‘( !) fanden ihren Platz auf Daumen- und Fußpistons.
Zwei MIDI Koppeln pro Manual und das Pedal ermöglichen nicht nur eine äußerst flexible Ansteuerung externer Klangerzeuger, alle MIDI-spezifischen Einstellungen wie z.B. die Anwahl bestimmter externer Klänge und Sounds erfolgen direkt über das grafische MIDI Menüdisplay der Orgel und können auch zusammen mit den Registern und Einstellungen der Orgel individuell auf jedem Setzerplatz gespeichert werden. Ein Rodgers MX-200 Orgel-/Orchester-Expander mit über 1.150 Klängen und Sounds (u.a. mit weiteren 75 Orgelregistern) ergänzt und erweitert deshalb geradezu folgerichtig die Spezifikation der ‚Grazer Orgel‘.
Neben vielen anderen Ausstattungsmerkmalen verfügt der Spieltisch auch über einen eingebauten MIDI Recorder/Player. Aufgenommene Musikstücke können über den serienmäßigen USB Port auf externe Medien gespeichert und archiviert werden – so wie sich alle Organisten auch ihre eigenen persönlichen Daten und Konfigurationen wie z.B. komplette Setzerdateien, Installations- und Intonationsdaten, kurz gesagt ihre eigene, ‚persönliche‘ Orgel, auf USB Stick ablegen und jederzeit blitzschnell in die Konsole zurück laden können.
Auch die 22-kanalige Audioanlage weist zahlreiche innovative Spezialitäten auf: Vier verschiedene über Pistons direkt wählbare, programmierbare Audiokonfigurationen ermöglichen es, völlig unterschiedliche ‚Klangabstrahlungen‘ aufzurufen. Jede Konfiguration umfasst die Zuordnung von Registern und Werken zu bestimmten Lautsprecherpaaren (alle Registersamples werden Ton für Ton stereophon wiedergegeben!), die Lautstärkeregelung sowie ein Equalizer für jedes Werk, die quadrofonische Raumsimulation u.v.m.
Nicht weniger als vier Subwoofer, zwei davon sind ‚Doppel-18“ Woofer‘, sorgen für die druckvolle aber unaufdringliche und nicht ‚dröhnende‘ Wiedergabe selbst tiefster Frequenzen.
Ende Juli traf schließlich die im Rodgers Werk in Hillsboro/Oregon gebaute Orgel bei Roland Deutschland in Hamburg ein, um von dort aus direkt zu ‚Don’t Panic‘, einem Spezialbetrieb für die Herstellung von Flightscases, für Holz- und Metallverarbeitung sowie projektspezifische Sonderanfertigungen weitergeleitet zu werden. Dort wurde der Spieltisch von Projektleiter Dieter Schuster ‚entkernt‘ und für die Teilung in Ober- und Unterteil vorbereitet, die dann - nicht ganz ohne ein gewisses ‚Nervenflattern‘ bei allen Beteiligten – sorgfältig und geradezu feierlich durchgeführt wurde. Immerhin durfte hierbei absolut nichts ‚schief gehen‘, was den in edlem schwarz satinierten Holzfinish ausgeführten Spieltisch in irgendeiner Form beschädigen könnte. Nach einigen glatten Schnitten war das Werk in professioneller Manier vollendet, sodass die Don’t Panic Spezialisten nun an den Einbau der speziell für dieses Instrument konstruierten Hebe-/Schiebevorrichtung gehen konnten. Hierfür wurden vier hydraulische, miteinander synchronisierte Hubsäulen in das Spieltischunterteil eingebaut, die das Oberteil auf Knopfdruck stabil und sicher anheben. Ein solider, mit einer motorisierten vertikalen Schiebevorrichtung versehener Stahlrahmen dient als Träger für das Oberteil des Spieltischs, der nach dem Aufsetzen an vier Befestigungspunkten verankert wird. Ein mit zwei Schnellverschlüssen am Unterteil befestigter Holz-Paravent (in Spieltischfarbe lackiert) umgibt die Rückseite sowie die beiden Seitenwände des Spieltisch – damit sieht das Gehäuse auch bei hoch- oder vorgefahrenem Oberteil stets ‚massiv‘ aus und es entstehen keine Lücken oder optische Brüche.
Nach diesem Produktionsschritt musste der Spieltisch schließlich komplett neu verkabelt werden, zumal für den kompletten ‚digitale Käfig‘ der Orgel und das raumgreifende zentrale Netzteil (das auch die elektromechanisch bewegten Zugregister und Wippen mit Strom versorgt) nach dem Einbau der Hub-/Schiebemechanik neue Einbaupositionen im Unterteil zu finden waren. Auch im Oberteil waren einige Boards und Komponenten zu versetzen, und am Ende wurden sämtliche Kabelverbindungen zwischen Spieltischober- und Unterteil über neu angebrachte Multipin-Steckverbindungen wieder hergestellt. Parallel dazu wurden die insgesamt 30 Transport- Flightcases und die vier Lautsprechertürme passgenau gebaut.
Nach Abschluss sämtlicher Arbeiten war dann der Zeitpunkt für die erste Inbetriebnahme gekommen – ein wahrlich spannendes Ereignis, war doch beim Umbau aus einer eigentlich ‚fertigen‘ Orgel eine quasi vollständige Neukonstruktion geworden. Umso vernehmlicher war schließlich das Aufatmen aller um die Orgel versammelten Beteiligten, als die Orgel im ersten Versuch ohne Schwierigkeiten und völlig bestimmungsgemäß ‚hochfuhr‘ und Spielbereitschaft signalisierte…
Mit einiger Erleichterung konnte die komplette Anlage schließlich in die bereitstehenden Transportcases verpackt und nach Graz versandt werden. Dort angekommen, wurde die Orgel an ihrem ‚Stammstandort‘ in der Musik- und Kunstuniversität erstmals vollständig aufgebaut und installiert, und nach drei Tagen erklang sie auch zum ersten Mal unter spontanem Beifall der dort versammelten Mannschaft und Zuschauer in ihrer kompletten, endgültigen Audiokonfiguration.
Zur Intonation und für das ‚klangliche Finish‘ aller 270 Register reiste wenige Tage später Dr. Robert Tall, ein renommierter Konzertorganist, langjährig erfahrener Intonateur und profunder Rodgers Kenner eigens aus Los Angeles an und verbrachte zwei Tage mit der klanglichen Vollendung dieses Meisterstücks. Am 29. September 2011 wurde die fertig gestellte Installation schließlich von der Universität geprüft und abgenommen – und damit offiziell übergeben. Zufriedene Gesichter auf allen Seiten belegten dabei deutlich, dass das Werk allerseits als rundum gelungen gelten darf.
Mit diesem außergewöhnlichen Instrument verfügt die Universität in Graz nun nicht nur über eine große digitale Konzertorgel für eigene Ausbildungszwecke – sie kann und wird die Rodgers MS-376 plan- und bestimmungsgemäß in Zukunft auch an den unterschiedlichsten Aufstellungs- und Aufführungsorten einsetzen – überall dort wo ein wahrhaft großes und großartiges Instrument benötigt wird aber nicht vorhanden ist. Es braucht keine prophetische Gabe um voraus sehen zu können, dass von dieser einzigartigen Orgel in Zukunft noch viel ‚zu hören sein wird‘…